Jayalalithaa Jayaraman war eine tamilische Politikerin und
Schauspielerin. Sie hatte in ihrem Leben insgesamt 6 mal das Amt des Chief
Ministers of Tamil Nadu inne. In der Nacht des 5.Dezember verstarb sie im
Apollo Krankenhaus in Chennai nach einem Herzinfarkt.
Dies ist ein persönlicher Nachruf auf eine Politikerin, die
es vermochte, mein erstes Jahr in Indien und insbesondere meinen Eindruck von
Tamil Nadu stark zu prägen.
Ich kannte ihren Spitznamen „Amma“ (Mutter) bevor mir ihr
eigentlicher Name zu Ohren kam. Zum ersten Mal sah ich sie auf einem
Wandgemälde am Ortsausgang Thiruvallurs. Es war ein typisches Portrait, mit
dunkelgrünem Sari, weißer Haut und einem charakteristischen Lächeln im Gesicht.
Dasselbe Portrait zierte mehrere Haushaltsgegenstände meiner Gastfamilie, sowie
Wasserflaschen an Busstationen und Restaurants. Amma war nicht bloß
Politikerin, sie war eine Marke. Sie schaffte es auf geschickte Weise, überall
im Alltag Tamil Nadus präsent zu sein. Ihr Portrait stand für eine Nähe zu den
armen Bevölkerungsschichten, da die Gegenstände die es zierte, billiger zu
haben waren als üblich. Bei den reicheren Leuten jedoch bedeuteten ebenjene Fernseher,
Reismühlen und Waschmaschinen schlechte Qualität und wer sich besseres leisten
konnte, sammelte alles, das Jayalalithaas Konterfei trug in der Abstellkammer.
Ebenso berühmt wie Ammas Portrait ist das eines Mannes mit
Sonnenbrille und Fellhut. Die Beziehung zwischen Jayalalithaa und M.G.
Ramachandran, kurz MGR , ist legendär. Die beiden lernten sich an den Sets der
tamilischen Filmindustrie kennen und sind in insgesamt 28 Filmen zusammen zu
sehen. Es war der 35 Jahre ältere MGR, der sie schließlich zu ihrer politischen
Karriere brachte. Nach seinem Tod trat Jayalalithaa mit einigen Schwierigkeiten
in seine Fußstapfen als Parteichefin der AIADMK. Sie wurde am 6. Dezember neben
ihrem ehemaligen politischen Mentor beigesetzt.
Die indischen Zeitungen veröffentlichten detaillierte
Artikel über das Leben und politische sowie schauspielerische Wirken Ammas. Mir
war ein Großteil jener Ausführungen fremd, hatte ich doch nur das letzte Jahr
ihrer politischen Karriere miterlebt. In meiner Zeit in Tamil Nadu hatte ich
Jayalalithaa als eine populistische Ministerin erlebt, die es vermochte,
äußerst geschickte Propaganda zu betreiben. Auf der anderen Seite blieb sie für
mich ein Mysterium: Wie lebte sie alleine ohne Familie in ihrer Residenz? Was
empfand sie für den verstorbenen MGR? Mein Eindruck von ihr war neben dem Bild der
nicht immer legal handelnden und stark selbst-inszenierenden Politikerin auch
immer geprägt von der Vorstellung eines einsamen Menschen.
Wie sehr meine Gedanken auf die Person zutreffen, ist
fraglich. Dennoch war es mir ein Bedürfnis diesen Blog Artikel zu schreiben. Obwohl ich als
Ausländer in ihren Staat kam und dort nur etwa 11 Monate blieb, war sie für
mich untrennbar mit dieser Zeit verbunden. Mit ihr stirbt ein Teil von Tamil
Nadu.