Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir dachten
Buddha

Sonntag, 15. April 2018

Asifa Bano



… wurde am 10. Januar dieses Jahres im Bundesstaat Jammu & Kaschmir von Hindunationalisten entführt und in einem Hindutempel festgehalten. Ihre Peiniger, darunter Angehörige von Narendra Modi’s Partei BJP, vergewaltigten und folterten sie mehrfach, bis sie am 17. Januar schließlich stranguliert und im Wald verscharrt wurde. Während dieser Ereignisse stand sie unter Einfluss von starken Beruhigungsmitteln, die ihr zwangsweise verabreicht wurden. Asifa war acht Jahre alt.
Das Mädchen gehörte dem muslimischen Volksstamm der Gujjar Nomaden an, die sich während der Wintermonate ins tiefer gelegene Jammu begeben um Grasland für ihre Pferde zu finden. Dies geschieht meist mit Einverständnis der lokalen Bauern, jedoch kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Spannungen. Hinzu kommt, dass die Gujjar im hinduistisch dominierten Jammu eine religiöse Minderheit bilden.

Der Fall erregte unmittelbar nachdem er sich ereignet hatte nicht viel Aufsehen, gelangte aber drei Monate später an die Öffentlichkeit, als die BJP offen Proteste zur Unterstützung der Vergewaltiger abhielt. Während der gesamten polizeilichen Untersuchung kam es zu Behinderungen durch Hindunationalisten, die sich auf die Seite der Angeklagten stellten. Zunächst war es Asifa’s Vater nicht möglich, seine Tochter vermisst zu melden, da der örtliche Polizeibeamte ihm eröffnete, Asifa sei wahrscheinlich mit einem Verehrer weggerannt und es sei keine Untersuchung nötig. Zu diesem Zeitpunkt war einer der Polizisten unter den Vergewaltigern und zwei weitere hatten Bestechungsgelder erhalten um die Tat zu vertuschen. Später versuchten hindunationalistische Anwälte in einer Demonstration zu verhindern, dass der Fall das Landesgericht von Jammu & Kaschmir erreichte. Zeitgleich begaben sich hundert Frauen in Hungerstreik zur Unterstützung der Vergewaltiger.

Als diese Details bekannt wurden, kam es in ganz Indien zu Demonstrationen. Während die Mehrheit für Asifa und ihren Volkstamm kämpft, gibt es auffallend viele Gegenproteste.  Das Hauptargument der Hindunationalisten ist, dass der Fall nur deshalb Prominenz erhält, weil das Opfer muslimischen Glaubens ist. Ein BJP Abgeordneter argumentierte, dass die Tat nicht von Hindus begangen worden sein könne, da sie in Kaschmir passiert sei und in Kaschmir ausschließlich Pakistanische Agenten handelten. Premier Modi blieb auffallend lange still. In den sozialen Medien zeichnete sich eine klare Spaltung der indischen Gesellschaft ab. Während viele Solidarität mit Asifa bekundeten, argumentierte die andere Seite, dass der Fall künstlich gehypt werde, um die BJP schlecht darzustellen und dass täglich Hindu Frauen vergewaltigt würden, deren Fall nie an die Öffentlichkeit gelange. Wieder andere verbreiten Verschwörungstheorien, demnach die Muslimische Volksgruppe der Rohingya, die angeblich in der Nähe ein Camp hatten verantwortlich für den Fall waren. Muslime wurden auf Facebook als Volksverräter und Antinationalisten gebrandmarkt und direkt beschimpft.
Man führe sich vor Augen, dass hier mehr Konflikte, als nur die Gewalt gegen Frauen Ausdruck finden:

1.       Asifa war muslimischen Glaubens und wurde von Hindunationalisten gezielt wegen ihrer Religion als Opfer ausgewählt
2.       Asifa war Angehörige eines Nomadenstammes, der sich im Konflikt mit lokalen Bauern befand. Die Täter hofften, durch die Vergewaltigung die Gujjar aus der Gegend zu vertreiben
3.       Die Tat fand in einem Tempel, einem Ort, der als heilig gilt, statt
4.       Die indische Regierungspartei BJP organisierte offene Solidaritätsbekundungen für die Vergewaltiger

Diese Faktoren sind dafür verantwortlich, dass die Situation zum landesweiten Skandal wurde. Der Fall Asifa polarisiert. Menschen, deren politische Ausrichtung bisher nicht bekannt war, ergreifen nun Partei für eine der beiden Seiten. Ich kam gestern in Bangalore an einer Solidaritätsbekundung für Asifa nahe der MG Road vorbei. Ich hoffe, dass die Menschen, die dort Kerzen anzündeten und Plakate hinterließen, etwas bewegen können. Der Hintergrund dieses Blogs zeigt meine persönliche Kerze für Asifa. Sie wird so lange bestehen bleiben, bis die Täter nach indischem Gesetz verurteilt sind und ihre Strafe angetreten haben.