… ist zusammen mit Hindi offizielle Landessprache Indiens.
Sie enthält eine Essenz des Landes, von kolonialen Überbleibseln über sozialen
Status bis zu der Frage nach indischer Identität.
Ich traue mich kaum, diesen Artikel zu beginnen, so subtil,
so vielschichtig ist das Thema und so leicht ist es, einen Fehler zu begehen.
Der Auslöser aller Phänomene jedoch scheint zu sein, dass Indien als Volk mit
einer über 3000 Jahre alten Kultur eine fremde Sprache spricht, gebracht von
einem ausländischen Unterdrücker. Man sagt, dass der Ursprung des Studiums
Britischer Literatur in Indien liegt, geboren aus dem Streben nach sozialem
Status. Ansehen in der Gesellschaft ist heute mit der englischen Sprache mehr
verknüpft denn je. Indiens wirtschaftlicher Aufschwung geschah auf Englisch und
nur wer die Sprache beherrscht, hat eine Chance auf ein hochwertiges Studium
und einen gut bezahlten Job.
Englisch in Indien scheint jedoch oft eine Frage des Akzents.
„Indisches Englisch“ existiert nicht. Stattdessen findet man so viele Akzente
wie Sprachen, jeweils begleitet von Klischees und Witzen. Aussprache ist ein
zweischneidiges Schwert. Während die einen stolz sind auf den regionalen Touch,
versuchen andere ihn so gut wie möglich zu verbergen. Britisches oder
Amerikanisches Englisch ist das Ideal, „International English“ oder gar „Indian
Accent“ verpönt. Auf das Streben nach perfekter Aussprache wurde ich durch
einen Professor der Christ University aufmerksam, der sich stets bemühte, nicht
indisch zu klingen. Dieser Professor unterrichtet ein Fach namens Additional
English, das sich mit englischsprachiger indischer Literatur befasst und damit
die Beziehung der Inder zu der Sprache
stets beinhaltet.
Ein Beispiel ist das Gedicht „Goodbye Party for Miss Pushpa
TS“ des Dichters Nissim Ezekiel. Es beschreibt eine in nordindischem Akzent
gehaltene Rede anlässlich einer Abschiedsfeier und enthält sämtliche
charakteristische grammatikalische Phänomene, wie die vermehrte Nutzung der
Wörter „only“ und „also“, außergewöhnlich häufig auftretendes present
progressive und das Fehlen von Artikeln und Präpositionen. Das Werk kann in
verschiedenen Akzenten vorgelesen werden, ohne je seine Wirkung zu verlieren.
Hauptaussage ist jedoch die Peinlichkeit und Verunsicherung des Redners, der
Englisch benutzt um modern zu erscheinen ohne die Sprache jedoch gut zu
beherrschen.
Hier wird ein Konflikt deutlich, der tief sitzt in der
indischen Bevölkerung. Es ist ein Konflikt zwischen Tradition und Moderne, der
in Frage stellt, was „indisch“ ist und was nicht. Indien ist stolz auf seine Jahrtausende
alte einzigartige Kultur und versucht diese in der Welt zu repräsentieren. Auf
der anderen Seite ist es abhängig von der amerikanischen IT Branche und nur wer
westlich lebt, gilt als hip. Die besten Jobs sind im Ausland zu haben und wer
kann geht – vorausgesetzt, er oder sie beherrscht fehlerfreies Englisch. Englisch
ist die Sprache des Westens und des Kapitalismus, gesprochen von einem Volk,
das alldem eher kritisch und konservativ gegenübersteht und sich noch gut der Zeiten
des Sozialismus erinnert, in denen Indien weitgehend abgeschottet vom Weltmarkt
ohne aus den Emiraten, Singapur und den USA importierten Waren auskam. Englisch
wurde im späten 19. Jahrhundert vom Indischen
Nationalkongress als Sprache einer neuen vereinten Nation eingeführt und kennt
dennoch keinen einzigen Ausdruck für Elemente indischer Tradition. Die Sprache ist repräsentativ für ein Stück
nationaler Geschichte, das bis heute andauert und sie war von ihrer Einführung
bis zur Gegenwart nie frei von inneren Konflikten.