Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir dachten
Buddha

Dienstag, 15. Dezember 2015

TV


… ist in Tamil Nadu ein Phänomen, das ich in den letzten Wochen sehr intensiv kennengelernt habe.

Während draußen heftige Regenfälle über Thiruvallur niederprasselten, gefolgt von Überflutungen, die es oft unmöglich machten, das Haus zu verlassen, saß meine Familie vor dem Fernseher – 24 Stunden am Tag. Über den Bildschirm flimmerten alte Schwarzweißfilme, Romanzen, Serien und Casting Shows. Grund genug, das tamilische Fernsehen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Jeden Abend wird um etwa sieben Uhr auf den TV-Sender Vijay geschaltet. Dort läuft einen Monat lang die Geschichte der Mahabharata, eines der Epen des Hinduismus, aufgebaut als Serie. Es geht um den großen Krieg zwischen Gut und Böse vor Anbruch eines neuen Zeitalters. Die Stimmung ist entsprechend ernst. Hält ein König eine halbstündige Rede, wird diese in ihrer vollen Länge mit Nachdruck ausgestrahlt. Einstündige Trauer nach Tod eines tapferen Helden ist ebenfalls nicht unüblich.

Im Anschluss an die Mahabharata läuft, wie als Kontrastprogramm, Super Singer 5, eine Casting Show, die stark an ähnliche Formate in Deutschland erinnert. Alle Lieder sind bekannt, sodass mindestens ein Familienmitglied lautstark mitsingt. In den Pausen diskutiert man über den Sari der Moderatorin oder das Aussehen eines Teilnehmers. Der Vorteil dieser Sendung: Es sind nahezu keine Tamil Kenntnisse notwendig um sie zu verstehen. Als sie einen Abend aussetzte, habe ich mich doch tatsächlich dabei erwischt, sie zu vermissen.

Der Rest des Tages wird gefüllt von Filmen, Serien und Musiksendungen, zwischen denen lebhaft hin- und her gezappt wird. Versammelt sich gerade noch eine Großfamilie schluchzend um das Krankenhausbett der Mutter, streitet im nächsten Moment eine Tochter mit ihrem Vater unter Tränen über ihre arrangierte Hochzeit. Frage ich meine Gastschwester nach der Handlung, lautet die Antwort stets ähnlich: „Ein Junge und ein Mädchen verlieben sich, aber ihre Familien verbieten es ihnen, zusammen zu sein. Schließlich heiraten sie doch.“ Schnief!

(Ein Cousin, der uns eine Zeit lang besuchte, führte Kricket in das tägliche Fernsehprogramm ein. Ich hoffe, er kommt wieder!)

Tatsächlich jedoch haben die tamilischen Sendungen mehr Einfluss auf mich, als ich mir anfangs eingestehen wollte. Der Grund, warum ich begonnen habe, die 2000 seitige Mahabharata zu lesen, ist simpel: Ich wollte endlich das Fernsehprogramm verstehen.