Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir dachten
Buddha

Montag, 24. August 2015


Matham

… ist das tamilische Wort für Religion. Diese habe ich in einem indischen Dorf in sehr lebendiger Form miterleben dürfen.

Im hinduistischen Monat Aadi finden in den Dörfern in der Umgebung von Chennai der Göttin Amman gewidmete Festivals statt, bei denen Gläubige über glühende Kohle gehen um ihre Treue zu Gott unter Beweis zu stellen. Im Heimatdorf meiner Gastfamilie geschah dies letzten Sonntag und ein verwandter Junge nahm daran teil. Ich will versuchen, den Abend zu beschreiben.

Am späten Nachmittag trafen wir uns an einem Sammelplatz um die Teilnehmer für ihre Aufgabe vorzubereiten. Ihre Körper wurden mit gelber Paste eingeschmiert um sie herunter zu kühlen und auf dem Kopf und um den Hals trugen sie Blumenketten. Außerdem hielten viele ein paar Zweige des Neembaums in der Hand, die heilende Wirkung haben. Gegen sechs Uhr begann aus hinduistischer Sicht die günstige Zeit des Tages. Wir ließen die Teilnehmer am Sammelplatz zurück und fuhren zum eigentlichen Ort des Geschehens, wo bereits ein Feld heißer Glut vorbereitet war. Das ganze Dorf war mit Lichtinstallationen und bunten Lampions geschmückt. Als schließlich die Prozession der Teilnehmer, begleitet von Feuerwerk und Trommeln, eintraf, begannen die Zuschauer laut „Govinda! Govinda!“ zu rufen, um das Interesse Gottes auf das Geschehen zu lenken. Schließlich liefen die teilnehmenden Männer grüppchenweise über die Glut. Ich muss sagen, dass mich das persönlich sehr beeindruckt hat, denn die meisten spazierten durch das glühende Feld, als liefen sie über Rollrasen. Als wir unseren Verwandten nach Ende des Festivals befragten, erzählte er, er habe die Hitze nicht gespürt.

Für mich war dieser Abend eine sehr einzigartige Erfahrung lebendiger Religion  und ich bin sehr dankbar, dass ich ihn erleben durfte!
Gang über die Glut
Lichtinstallation der Göttin Amman

Kolam

Mittwoch, 19. August 2015


Payanam

…ist das tamilische Wort für Reise. Mit diesem Überbegriff lassen sich meine ersten Tage in Indien eigentlich sehr gut beschreiben.

Das Flugzeug:

Mit ihm bin ich nach ca. neun Stunden Flug in Bangalore angekommen. Mein erster Eindruck von der Stadt ist natürlich, wie alles was ich hier schreibe, ein sehr subjektiver. Vieles war neu für mich, allen voran die erste Übernachtung auf einer Matte auf dem Dach des Head Office von FSL India. An meinem ersten Tag in Indien kam ich vor wie ein Kind, das alles ausprobiert, sich aber noch nicht so wirklich zurechtfindet. Aus Deutschland hatte ich tausend Ratschläge im Kopf: Worauf man beim Kauf von Wasser achtet, durch welche Straße man besser nicht läuft, an welchem Stand man kein Obst kauft, etc… Ich bin immer noch dabei, herauszufinden, welche dieser Regeln wirklich nützlich sind.

Der Zug:

Der erste Tipp, den ich über Bord warf, stammte aus meinem Reiseführer: „Reisen Sie nicht in der Sleeper Class.“ Mein Tipp: Vergessen Sie den Reiseführer! Meine erste lange Zugfahrt ging von Bangalore aus nach Kundapura an der Westküste für eine Woche Einführungsseminar. Und zwar selbstverständlich im Sleeper. Glaubt man unseren indischen Koordinatoren, ist diese Klasse sicherer als der klimaanlagengekühlte AC 2 Tier, eben weil jeder damit fährt. When in India, do as the Indians do…

 Ein Erlebnis ist der Zug allemal. Nach jedem Stop brüllt ein Verkäufer ungeachtet der Uhrzeit lautstark: “Chai! Coffee! Samosa!“ durch den Waggon. Ein Ratschlag den Sleeper betreffend hat aber tatsächlich Hand und Fuß: Wenn man seine Ruhe will, bucht man die obere Liege.

Der Bus:

Diese Sektion müsste unterteilt werden in Reisebus und Linienbus. Mit dem Reisebus waren wir Freiwilligen während unserer Zeit in Kundapura öfters unterwegs. Wie fast alles in dieser Woche war er von FSL organisiert. Die längste Fahrt ging zu den weltberühmten Jog Falls, als Teil einer Exkursion. Sie war begleitet von lauter Bollywoodmusik und Tänzen im Gang. Die Einführung in Kundapura bot jedoch weit mehr als das: Wir bekamen praktische Informationen, lernten Freiwillige aus aller Welt kennen und konnten langsam in die indische Kultur hinein schnuppern. Ich kann nur sagen: Danke für diese Zeit!

Den Linienbus lernte ich kennen als ich mit einer Mitfreiwilligen und meiner Gastschwester zum ersten Mal ins Projekt fuhr. Die Herausforderung ist, herauszufinden, was wohin fährt. Ich hatte inzwischen meine Familie kennengelernt, bestehend aus den Gasteltern und zwei Töchtern. Ich teile mir ein Zimmer mit einer weiteren Freiwilligen aus demselben Projekt. Mein genereller Eindruck? Ich bin bei sehr netten Menschen gelandet und freue mich, das Leben in meiner neuen Heimat Thiruvallur kennenzulernen! Mit dem Linienbus fahren klappt schon J

Die Autorickshaw:

Wird für mich ewig ein Phänomen bleiben. Wie viele Menschen mit Gepäck passen in ein Tuk Tuk? Irgendwo findet sich immer noch ein Plätzchen. Dasselbe gilt für Motorräder.