…ist das tamilische Wort für Arzt. Einen solchen habe ich in
der letzen Woche des Öfteren aufgesucht und dabei ein paar interessante
Erfahrungen gemacht. Grund genug, einen detaillierteren Blick auf die Orte und
Menschen zu werfen, die Chennais Gesundheit aufrechterhalten.
Es begann an einem
späten Dienstagabend, als zuerst mein Sprachvermögen und schließlich auch meine
Fähigkeit, klar zu denken aussetzten, gepaart mit starkem Kopfschmerz und einem
seltsamen Gefühl in meinem rechten Arm. Als ich beschloss, medizinische Hilfe
in Anspruch zu nehmen, hatte in Thiruvallur ein kleines Krankenhaus
Bereitschaft, dessen Existenz ich bisher schlichtweg übersehen hatte. Wie ich
aus den Jesusbildern an den Wänden der drei türkis gefliesten Räume, aus denen
es bestand, schloss, wurde es von einer christlichen Mission geführt. Der
dortige Arzt, verärgert, dass man ihn um diese Uhrzeit störte, grübelte über meinen Symptomen, meinte, sie erinnerten ihn an
einen Schlaganfall, für den ich jedoch
eigentlich zu jung sei und empfahl, in Chennai einen Neurologen zu konsultieren.
Das Krankenhaus, in dem ich dies drei Tage später tat, hätte
zu meiner ersten Erfahrung nicht stärker in Kontrast stehen können. Es trug den
angeberischen Namen „Apollo Hospital on Greams Road“, befand sich in einer der Topstraßen
Chennais und in seinen Korridoren traf man die Oberschicht Indiens,
Bangladeschs und Westafrikas. In den modern gestalteten Warteräumen wurden ehemalige Diplomaten in Rollstühlen umhergeschoben, während ihre Familien mit teurem Make up und Designerhandtaschen wachsam folgten. Der Mann, mit dem ich mich schließlich unterhielt,
trug den Titel „Prof. Dr. Senior Consultant Neurologist Honorary Neuro
Physician to Former the President of India“ und hatte seinerzeit den ehemaligen
indischen Präsidenten Abdul Kalam behandelt. Er diagnostizierte einen Anfall
von Migräne und riet mir zur Kontrolle zu einem MRT Scan.
Nachdem man mir den Preis eines solchen Scans im Apollo
Hospital genannt hatte, den ich hätte vorlegen müssen, beschloss ich, einen
preisgünstigeren Ort zu finden. Der ehrenwerte Neurologe empfahl das Zentrum
einer Wohltätigkeitsorganisation, gesponsert vom Lions Club Anna Nagar
Charitable Trust. Ich betrat ein unscheinbares Gebäude, vor dem eine Gruppe
Senioren Schlange stand. Nach einer kurzen Nachfrage, ob sich an meinem Körper
Metall befinde, streifte man mir ein altes Nachthemd über und schob mich in ein
sehr modernes MRT, das so gar nicht in seine Umgebung zu passen schien. 40
Minuten später verließ ich das Zentrum mit den Bildern meines Gehirns in einer
Plastiktüte, die Diagnose: normal.
Ich habe in den vergangen acht Monaten an den Schulen der
Vororte Chennais zahllose Unterrichtseinheiten zu verschiedenen Krankheiten
gegeben. Fast genauso oft habe ich den Schülern bei Auftreten bestimmter
Symptome zu einem Arztbesuch geraten. Was dies jedoch tatsächlich bedeutet;
welche Vielzahl von Erfahrungen sich hinter diesem simplen Rat verbirgt, wurde
mir erst letzte Woche ganzheitlich bewusst.