Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir dachten
Buddha

Dienstag, 28. Februar 2017

Jana Gana Mana

…ist der Titel der indischen Nationalhymne. Übersetzt bedeutet er in etwa „Herrscher über den Geist des Volkes“.
Das Lied stammt von dem indischen Dichter Rabindranath Tagore und entstand während des Unabhängigkeitskampfes. Es ist in Bengali verfasst und rühmt das Mutterland, dessen Lob aus den Herzen der Menschen aller indischen Regionen spricht.
Seit Ende letzten Jahres existiert in Indien ein Gesetz, das Kinobetreiber verpflichtet, die Hymne vor jedem Film zu spielen. Dabei müssen die Türen geschlossen sein, damit es nicht möglich ist, durch Kommen und Gehen das Lied zu entehren und jeder Kinobesucher ist verpflichtet, aufzustehen. Auf dem Bildschirm wird der Text vor dem Hintergrund der indischen Flagge gezeigt.
Ziel des Gesetzes ist, ein Gefühl des Patriotismus zu fördern, welches laut dem indischen Supreme Court beinhaltet, die Flagge und die Nationalhymne zu respektieren. Ein solches Gesetz existierte bereits in den Zeiten des Kriegs mit China, wurde jedoch später wieder aufgehoben, da die meisten Kinobesucher die Hymne ignorierten und behielt nur in Goa und Maharashtra Gültigkeit. Dass es als Antwort auf die Situation in Kashmir wieder indienweit eingeführt wurde, spricht eine eindeutige Sprache.
Mit der Einführung der Nationalhymne vor Kinofilmen gelangte der Fall eines gehbehinderten Herren an die Öffentlichkeit, der in einem Kino von einem Paar misshandelt wurde, da er während der Hymne nicht aus seinem Rollstuhl aufstand. Das Resultat war ein Urteil des Supreme Courts, dass wer nicht in der Lage ist, zu stehen, nicht aufstehen muss. Diese Situation führt eine gewisse Ironie vor Augen. Die Nationalhymne entehrt jedoch nicht nur, wer sich nicht von seinem Sitz erhebt, sondern auch wer auffallend falsch singt oder, ein Beispiel des Supreme Courts, den Text auf „unangemessene Objekte“ (darunter fallen auch Pappteller) druckt.
Das erste Mal erlebte ich Jana Gana Mana im Kino, als ich mir den Tamilischen Actionfilm „Singam 3“ anschauen wollte. Als ich den Kinosaal betrat, krähte ein kleines Mädchen in der Reihe hinter mir bereits fröhlich den Text der Hymne. Als schließlich die indische Flagge auf dem Bildschirm erschien, erhob sich das Publikum feierlich und sang mit der Hand auf dem Herzen. Ich muss bei allem Respekt zugeben, dass ich mir mit Mühe das Lachen verbiss angesichts der ernsten und konzentrierten Stimmung kurz bevor Actionheld Surya als Polizist Durai Singam mit beachtlichen Fähigkeiten im Nahkampf einen Gangster jagte. In meiner Erfahrung wurden Nationalhymnen nur bei internationalen Events oder wichtigen Staatsereignissen gespielt, was in meinen Augen definitiv zur Komik der Situation im Kino beitrug.

Bisher scheint sich das Gesetz zu bewähren und wird trotz Kritik von vielen Indern ernst genommen. Auf mich hatte es trotz eines gelegentlichen Gefühls der Ironie immerhin die Auswirkung, dass ich den Text nun sicher auswendig kann. Wer weiß, wo ich ihn in Zukunft noch brauchen werde…

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