Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir dachten
Buddha

Dienstag, 26. Juni 2018

God Market

Vor etwas mehr als einem Monat wurde Asaram Bapu zu einer lebenslaenglichen Gefaengnisstrafe verurteilt; der Vorwurf: Vergewaltigung zweier Minderjaehriger. Asaram hatte sich in den letzten vierzig Jahren als so genannter God-man etabliert und unterhielt zahlreiche Ashrams sowohl in Indien als auch ausserhalb. Seinen Anhaengern gilt er bis heute als heilig, so auch dem Vater seiner beiden Opfer, der seine Toechter gezielt in die Ashram-Schule schickte. Laut den indischen Medien sind die beiden Maedchen bei weitem nicht die einzigen Opfer sexueller Belaestigung durch den Bapu: Immer wieder gingen bei der Polizei Anzeigen von Anhaengerinnen des Gurus ein, die ihm vorwarfen, sie vergewaltigt zu haben. Eine dieser Anzeigen enthielt die Beschreibung eines abendlichen Rituals, in dem Asaram mit einem Laserpointer in einem Kreis junger Frauen sass und schliesslich die huebscheste zweimal anblinkte. Die so auserwaehlte leistete ihm dann in einem privaten "Befreiungsritual" in seinen Gemaechern Gesellschaft. Keine dieser frueheren Anzeigen bestand lange genug, um ein Gerichtsurteil herbeizufuehren, hauptsaechlich da entweder wichtige Zeugen tot aufgefunden wurden oder die Klaeger ihre Klage ueberraschend zurueckzogen. Auch die Familie der beiden Maedchen hat bis heute mit konstanten Bedrohungen fuer Leib und Leben zu kaempfen.

Asaram ist kein Einzelfall. Das Geschaeft mit der Religion, das beileibe nicht auf den Hinduismus beschraenkt ist, ist in Indien millionenschwer. Es reicht vom Verkauf ayurvedischer Zahnpasta zu der Einrichtung zahlreicher, teils von der Regierung subventionierter, Ashrams bis hin zu Actionfilmen mit den Gurus als Helden. Das Versprechen: Spiritualitaet, einfach und schnell erhaeltlich gegen ein wenig Bares. Wie viel dies noch mit der urspruenglichen Religion zu tun hat, ist aeusserst fraglich.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist das von Gurmeet Ram Rahim Singh Insan, der 2017 zu zwanzig Jahren Haft wegen Vergewaltigung verurteilt wurde und vorher vermehrt unter Verdacht wegen Mordes und Zwangskastration stand. Gurmeet Ram Rahim etablierte seine soziale und spirituelle Bewegung Dera Sacha Sauda hauptsaechlich im Norden Indiens und zaehlt inzwischen ueber 60 Millionen Menschen zu seinen Anhaengern. Er ist Regisseur und Hauptdarsteller mehrerer Actionfilme in denen er als "Messenger of God" Unholde verpruegelt. (Wer etwas Unterhaltung sucht, findet den Trailer auf youtube, ich werde ihn jedoch hier nicht verlinken). Gleichzeitig hat er ein Faible fuer schnelle Autos, auffaellige Goldjuwelen und coole Sonnenbrillen, die jeglicher Spiritualitaet vollends zu wiedersprechen scheinen. Sein Einfluss auf die indische Gesellschaft ist kontrovers: Waehrend er eine Mafia unterhaelt, die jegliche Kritik an ihm kaltstellt und Wahlempfehlungen fuer den hoechsten Bieter ausspricht, hat seine Organisation Dera Sacha Sauda Millionen armen Bauern zu einem hoeheren Lebensstandard verholfen.

Weniger exzentrisch als Gurmeet Ram Rahim Singh, jedoch ebenfalls kontrovers, ist Baba Ramdev, der mit der ayurvdischen Marke Patanjali Inhaber ins boomenden Grosskonzerns ist. Patanjali startete als Hersteller ayurvdischer Medizinprodukte und hat sich inzwischen auf die Beauty- und Kosmetikbranche ausgedehnt. Je laenger die Marke besteht, desto mehr stellt sie her. Vor einigen Wochen stellte Patanjali seine eigene Messaging App vor, die nach drei Tagen wegen schwerwiegender Sicherheitsbedenken bezueglich der Nutzerdaten vom Markt genommen wurde. Auch Patanjalis Zahnpasta, Shampoo und Kraeutermischungen zum Einnehmen stehen haeufig in der Kritik, schaedliche Inhaltsstoffe in hoher Dosis zu enthalten. Den Markterfolg Baba Ramdevs scheint jedoch selbst der nachgewiesene Inhaltsstoff Kuh-Urin nicht zu trueben. Werbespots fuer Patanjali  tauchen regelmaessig auf meiner Youtube Empfehlungsliste auf und enthalten meist ein huebsches traditionell gekleidetes Maedchen vom Typ Sanskari, welches sich das Gesicht genuesslich mit Creme einschmiert und dem Zuschauer auf Hindi den Wert und die Vorteile hinduistischer Traditionen nahebringt.

In einer politischen Phase, in der selbst Premier Modi Yoga-Instruktionen unter seinem Namen veroeffentlicht, bekommt Indiens God Market starken Aufwind. Indien in der Vision vieler Hindunationalisten sollte ein Land sein, das international fuer seine hinduistischen Traditionen geschaetzt wird. Um dies zu erreichen, unterstuetzt die aktuelle Regierung Gurus ungeachtet iherer moeglichen kriminellen Hintergruende. Natuerlich sollte nicht jeder Gruender eines Ashrams als Verbrecher stigmatisiert werden, jedoch ist bei der Wahl einer spirituellen Organisation, sowohl als Auslaender als auch als Inder, Vorsicht geboten, nicht an eines der schwarzen Schafe zu geraten.


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